Im Rahmen meiner GFS besuchte der Deutsch Leistungskurs von Frau Campagna am 27. Februar 2024 das Theaterstück "Woyzeck" im Schauspielhaus Stuttgart.
Soziale Ungerechtigkeit, Wahnsinn und Eifersucht - „Der Mensch ist nichts als Sand, Staub und Dreck“, heißt es in der Inszenierung von „Woyzeck“ im Schauspielhaus Stuttgart.
Auffallend viele Jugendliche besetzen am Abend des 27.02.24 die Plätze im Saal, denn seit 2023 ist das Dramenfragment von Georg Büchner Pflichtlektüre des Abiturs.
Mit seiner modernen Neuinszenierung des sozialkritischen Dramenfragmentes „Woyzeck“ von Georg Büchner vereint Regisseur Zino Wey die Geschichte des armen Soldaten Woyzeck mit der Moderne und zeigt den Besuchern schonungslos, dass die damaligen sozialen Missstände selbst heute noch hoch aktuell sind.
Gerade mal 23 Jahre alt war der bekannte Schriftsteller Georg Büchner, als er das Theaterfragment schrieb. Woyzeck, der einfache Soldat, der sich für ein paar Groschen zum Versuchsprojekt der Wissenschaft hergibt und seinen Körper für medizinische Experimente verkauft, um seine kleine Familie zu versorgen. Ein Existenzkampf gegen eine gnadenlose und heruntergekommene Gesellschaft. Als ihn seine Geliebte Marie auch noch betrügt, ist Woyzeck am Ende seiner Kräfte.
Ein grelles Licht auf der Bühne, begleitet von einem lauten Knall, fesselt sofort die Aufmerksamkeit des Publikums. Das reduzierte Bühnenbild und die vielfältige Lichtführung tragen zu einer spannenden Atmosphäre bei.
Wie ein schwarzer Raum erstreckt sich die Bühne zu Beginn des Stücks vor den Augen der Zuschauer und wird während der Vorstellung kreativ und vielfältig genutzt. Ein beeindruckendes Element ist ein großes Lichternetz, das sich über die gesamte Bühne erstreckt und von der Decke herabhängt. Geschickt nutzen die Darsteller dieses als Requisite, wodurch beim Publikum überwältigende Eindrücke entstehen. Dieses unkonventionelle Bühnenbild trägt dazu bei, die Szenerie auf innovative Weise zu gestalten und die Zuschauer in die Welt des Stücks zu ziehen.
Aufgrund ihres Geschlechts fällt Silvana Krappatsch als Franz Woyzeck besonders auf. Sie schafft es, die Hauptfigur gekonnt zu verkörpern, indem sie Woyzecks geistige Abwesenheit, seine Zerbrechlichkeit, seine Gefühle und Gedanken realitätsnah inszeniert.
Die Halluzinationen und die geistige Verwirrung des stets selbstlosen Soldaten werden durch die gezielte Verwendung von Toneffekten besonders deutlich. Ein anhaltender, irritierender Ton, der während seiner Halluzinationen kontinuierlich an Lautstärke zunimmt, betont die mangelnde Kontrolle und die quälenden Gedanken, denen Woyzeck ausgesetzt ist. Die Machtspiele des Hauptmanns und des Doktors, die Woyzeck ausnutzen, zeigen sich in der Ausbeutung und Entmenschlichung des Protagonisten, der somit zum bloßen Objekt degradiert wird.
Auch die übrige Besetzung zeigte beeindruckende Professionalität und tolles schauspielerisches Talent. Jeder Darsteller fügte sich nahtlos in seine Rolle ein, wodurch die Inszenierung insgesamt authentisch und mitreißend wirkt.
Durch die durchdachte Gestaltung der Kostüme gelingt es der Kostümbildnerin Veronika Schneider, auf die thematisierte Kluft zwischen Arm und Reich aufmerksam zu machen. Woyzeck tritt in schlichtem Weiß und einfachem Shirt vor die Augen des Publikums, während die Oberschicht moderne, schicke und ordentliche Kleidung, teure Accessoires und Markenkleidung präsentiert. Dieser Kontrast betont die Überlegenheit, den Reichtum und die Macht der Oberschicht. Ein klares Zeichen der sozialen Unterschiede, das durch die Kostüme auf eindrucksvolle Weise visualisiert wird. Der Einsatz von modernen Markenkleidung schafft einen Bezug auf unsere heutige Zeit und so schafft es Veronika Schneider durch die Kostümwahl auch auf heutige soziale Probleme aufmerksam zu machen.
"Woyzeck" bietet somit eine zeitlose Reflexion über soziale Ungerechtigkeit, Wahnsinn und Eifersucht, die bis heute relevant ist. Wey's visionäre Umsetzung von Georg Büchners Werk hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck und macht die Aufführung zu einem unvergesslichen Abend. (Emma Mehr, Jg. 1)